Radio
Amateur

Drei Dinge braucht...

Erinnern Sie sich an jene legendäre Tabak-Werbung der sechziger Jahre, bei der ein Mann, so hieß es, drei Dinge brauche? Auch der Amateurfunk verlangte schon immer nach dreierlei, um seine "Nachhaltigkeit" zu sichern: 

Kommunikation - Experiment - Wettstreit

Alle drei Standbeine - nicht lediglich eines davon! - braucht man gerade auch heute, wenn die Liebe zum Amateurfunk nicht ein kurzes Strohfeuer bleiben soll. Amateurfunk-Organisationen mit ihrem inzwischen ständigen Mitgliederschwund wissen ein bitter Lied davon zu singen.

Kommunikation? Kein Problem, so scheint es - die ergibt sich von allein; denn wie könnte Amateurfunk anders daherkommen als kommunizierend? Andererseits: unser Amateurfunk steht heute mehr denn je in herber Konkurrenz zu einer Vielfalt anderer attraktiver kommunikativer Liebhabereien:  PC, Internet, Tablet, IPhone und so fort. Was also spräche gerade für den Amateurfunk, wenn es um nichts anderes ginge als Kommunikation?

Experiment? Auch da mag uns ein etwas mulmiges Gefühl beschleichen; denn was kann man angesichts des schrumpfenden technisch-betriebstechnischen Wissenstandes heutiger Funkamateure noch ernsthaft an "Experimentellem" erwarten? Ein eher trauriges und alles andere als optimistisch stimmendes Kapitel, an dem, wenn der Amateurfunk überleben soll, noch hart zu knabbern sein wird.

Wettstreit? Dafür scheint der Tisch um so reicher gedeckt zu sein, durch ein riesiges Angebot an Funkwettbewerben ("Contests") und eine wahre Flut von Diplomen und Auszeichnungen, die zu einem guten Teil attraktive und schwer erreichbare Ziele setzen und den Funkamateur durchaus an sein Hobby zu binden wissen. Alles in bester Ordnung - so scheint es. Aber gerade diesem Standbein des Amateurfunks, Ziele allein oder im Wettstreit mit anderen zu erreichen, wollen wir uns hier ein wenig kritisch widmen.

Besitzende und Habenichtse?

Ist Ihnen eigentlich schon einmal aufgefallen, dass insbesondere das Streben nach Diplomen und anderen Auszeichnungen die Gemeinschaft der Funkamateure immer aufs Neue in soetwas wie eine Zweiklassengesellschaft zerstückelt? In (recht wenige) Besitzende und (extrem viele) Habenichtse? Wie im richtigen Leben, könnte man sagen. Im Gegensatz zum "richtigen Leben" indessen besteht im Amateurfunk der "Besitz" nicht in irgendeinem materiellen Vorteil, sondern in einem - oftmals recht künstlichen - Alleinstellungsmerkmal, das den Kontakt mit dem, der es besitzt, zum Erreichen eines bestimmten Ziels besonders wertvoll oder gar unentbehrlich macht. Den allermeisten Funkamateuren fehlt, so wie die Ziele bislang nun mal gesetzt sind, ein Alleinstellungsmerkmal völlig.

Nichts könnte diese Zweiteilung in Besitzende und Nicht-Besitzende besser illustrieren als ein DX-Pile-up, in dem Hunderte, ja, Tausende von Habenichtsen stundenlang, tagelang um Kontakt bei jemandem anstehen, der in unpersönlich-formaler Stringenz Bestätigungen erteilt und Logbücher mit (offensichtlich glücklichen!) Gewinnern füllt. Die Unglücksraben, die es, aus oft recht naheliegenden Gründen, wieder mal nicht zu der gewünschten Verbindung bringen, purzeln mehr oder weniger lautlos durch den Rost. "Halt Pech gehabt" oder "eben zu schwach auf der Brust": Darwin lässt grüßen (wie im "richtigen Leben"...). Ohne das weiter zu vertiefen: Macht das wirklich allen(!) Spaß? Wie steht es da mit der Fairness? Und wem dient das eigentlich (nicht zuletzt auch pekuniär)? Und was für ein Amateurfunk ist das - wenn man nicht Menschen, sondern eher Zonen, Länder, Biotope, Berge, Schlösser, Herrenhäuser, Leuchttürme und inzwischen sogar schon Bunker(!) "arbeitet"?

"Er will ja nur spielen" ...

Apropos Spaß - apropos Spiel. Natürlich möchte ich niemandem den Spaß am DXen, an Diplomen und ihren Zielen verderben (wie könnte ich? - jage ich ihnen doch selber nach...). Ich will hier auch kein neues Paradigma für den zeitgenössischen Amateurfunk ins Blaue malen - aber ich möchte Sie zur Abwechslung  zu einem Spiel einladen, das die wohl recht zweifelhafte Spaltung der ham fraternity wenigstens zu lindern geeignet ist. Zu einem Spiel, bei dem man seinem Funkpartner mal wieder auf Augenhöhe, also in halbwegs gleichwertiger Fraternität, also Brüderlichkeit, begegnet.

Mein Spiel trägt den Namen "QADln Sie schon?" (kurz: "Quaddeln"). Grundlage ist das selbstverständlichste Alleinstellungsmerkmal, das ein jeder Funkamateur besitzt: sein Rufzeichen - ein Unikat, das bekanntlich aus einer Kombination von Ziffern und Buchstaben besteht. Die QAD (die "Quaddel"), um die sich in diesem Spiel alles dreht, ist ein genau definierter Teil davon: nämlich die Ziffer im sogenannten Suffix, bei einer Ziffernfolge deren letzte Ziffer, kombiniert mit dem direkt darauf folgenden Buchstaben. Klingt etwas kompliziert, ist es aber nicht. Die Quaddel von DJ2PJ z. B. ist "2P", die von LZ22ØSM "ØS". Solche Quaddeln gilt es in unserem Spiel - natürlich  auf der Grundlage von Funkverbindungen - zu sammeln. 260 Kombinationen - so viele sind möglich (10 Ziffern mal 26 Buchstaben) - komplettieren das Spiel. Ist Quaddeln einem Zeitlimit unterworfen, hat es also Wettbewerbscharakter, sind in einer vorgegebenen Zeit so viele Quaddeln wie möglich zu kontaktieren. Funkamateure, übrigens auch SWLs, können im Wettbewerb gegen andere und mit anderen quaddeln; sie können sich aber auch - darin hat Quaddeln dem Mensch-Ärgere-Dich-Nicht und dem Schachspiel etwas voraus - still und heimlich selber einen quaddeln. Und ärgern kann man sich auch nicht - man fährt ja schließlich QSOs.

Suchen Sie den Code "QAD" bitte nicht in einem Q-Gruppen-Verzeichnis; "QAD" habe ich zum Zwecke dieses Spieles frei erfunden. Das Kind musste eben einen Namen haben. Ach ja - die ursprüngliche Fassung des Quaddelns mit einem ganz anderen Namen stammt aus den USA (leider habe ich den "anderen Namen" und die genaue Quelle im Laufe der Zeit verschusselt. Mea culpa!). Damit Sie optimalen Spaß am Quaddeln haben, sich aber auch ein wenig in Strategie üben, habe ich die Spielregeln gegenüber dem amerikanischen Modell ein bisschen aufgepeppt: durch zwei sogenannte Quaddel-Straßen (so wie beim Würfelspiel Kniffeln...), eine Große und eine Kleine Straße, die einem herrlich viele Bonuspunkte bescheren können.

Vor einigen Jahren habe ich die amerikanische Version des Quaddel-Spiels in meinem Ortsverband ausprobiert, in einer Quaddelgruppe sozusagen. Immerhin hatten nach nicht einmal einem halben Jahr - ein Jahr war damals als Zeitlimit gesetzt - die ersten drei OMs alle 260 Quaddeln gearbeitet. Einfach fand die Quaddelgruppe das aber nicht (schwieriger als die ersten 150 Länder des DXCC allemal); am Ende der Geschichte war es überall ganz schön eng, anstrengend und aufregend geworden. Schließlich wollte jeder der Erste sein, und die letzten Quaddeln waren dann - wie immer bei soetwas - die allerschwierigsten.

Neugierig geworden? Vertiefen Sie sich doch einfach mal in die Spielregeln, und schauen Sie sich das Quaddel-Log an, das ich für Sie als EXCEL-Anwendung beigefügt habe. Es identifiziert nicht nur ganz automatisch die Quaddel für jedes dort eingetragene Rufzeichen (Dank an Johanna und Matthias Teichmann, die in mühseliger Arbeit die Algorithmen dazu verfasst haben!) - es führt Ihnen neben einer Kontroll-Matrix auch jederzeit und ganz ohne Ihr Zutun den jeweiligen Spielstand vor Augen. Klicken Sie auf den folgenden Button, um sich das Große Quaddel-Paket als gezipte Datei herunterzuladen:

Und wenn Sie dann das nächste Mal hier vorbeisurfen, werde ich Sie noch einmal fragen:

   QAD? QADdln Sie schon?

 

Initially published: 2013
Last revision: January 2017
©2017 by Hans-Dieter Teichmann