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4 Gold kugelrund, ein Dom, zwei Residenzen - und ein Abschied von Mirabell

Droben von der Hohensalzburg, wenn man über das Ensemble von Dächern, Kuppeln und Türmen in Richtung Norden schaut, tritt vor der marmorhellen Fassade des mächtigen Salzburger Domes immer wieder eine glänzend-goldene Kugel  in Erscheinung: die "Sphaera" des deutschen Bildhauers Stephan Balkenhol. Bei ihr werden wir als erstes innehalten. Seit dem "Kunstprojekt Salzburg" des Jahres 2007 macht sie auf dem Kapitelplatz auf sich aufmerksam: Zwei Tonnen schwer ist die Kugel bei einem Durchmesser von immerhin fünf Metern. "Balkenhol-Mozartkugel" nennen die Salzburger liebevoll das vergoldete Gesamtkunstwerk mit dem aufrecht stehenden Mann auf ihrem nördlichen Pol. "Gesamtkunstwerk"? Tatsächlich präsentiert sich die bemannte Kugel nur scheinbar solitär. Nicht weit entfernt vom Standort, in einer Felsennische des Toscaninihofs, harrt in rotem Kleidchen stehend ihr feminines Pendant: die "Frau im Fels". Allein schon der Kontrast von Kugel und Figuren zu barockem Dom könnte kaum wirkungsvoller inszeniert sein.

Im Jahre 774 hatte der hl. Virgil den ersten Dom Salzburgs als dreischiffige Basilika errichtet; Erzbischof Hartwik (991-1023) ließ ihn erweitern. Erzbischof Konrad I. von Abensberg  (1106-1147) versah das Gotteshaus mit Türmen. Nachdem Anhänger Kaiser Barbarossas 1167 die Kirche niedergezündelt hatten, entschloss sich Erzbischof Konrad III. von Wittelsbach (ca. 1120-1200)  zum kompletten Neubau in romanischem Stil. Die rege Bautätigkeit kam nicht von ungefähr: Immer wieder - insgesamt wohl sechsmal, oder gar öfter? - wurde der Dom durch verheerende Brände in Mitleidenschaft gezogen oder völlig zerstört, so auch wieder im Jahre 1598. 1614 legte der umtriebige Wolf Dietrich von Raitenau den Grundstein zu einem ganz neuen Dom, diesmal in barockem Stil. Durch Paris von Lodron wurde das Gotteshaus 1628 geweiht - als erster barocker Kirchenbau nördlich der Alpen! Allein die Ausmaße des aus heimischem Marmor erbauten Salzburger Doms mit gut 100 Metern Länge faszinieren. Das Querschiff misst knapp 70 Meter Länge. Die beiden Türme ragen 81 Meter hoch, die Kuppel 79 Meter, das Hauptschiff 32 Meter. Fast tausend Gläubige finden in der Kirche Platz für Andacht, und der Organist kann zwischen fünf klanglich variierenden Orgeln wählen. Das Glockengeläut ist mächtig und weithin bekannt. Der Dom ist von drei in ihrer Großzügigkeit kaum zu überbietenden Plätzen umgeben: Kapitelplatz, Residenzplatz und Domplatz, auf dem, anlässlich der alljährlichen Salzburger Festspiele, die Aufführungen des "Jedermann" immer aufs Neue Zuspruch finden. So wie der Rupertikirtag, ein Jahrmarkt zu Ehren des Heiligen Rupert, des Gründers der Stadt Salzburg, der für eine Woche im September auf den Plätzen rund um den Salzburger Dom die Menschen erfreut. Er wird einigen unserer Bilder eine etwas ungewohnte Note geben.

Ob es wohl eine blendende Idee gewesen ist, weltliche und klerikale Macht in einer Hand - der eines Fürsterzbischofs - zu vereinen? "Nie war Salzburg prächtiger und dekadenter als in der Ära der Fürsterzbischöfe", schrieb 2014 das ZEIT-Magazin und förderte unter dem Titel "Vom Gebet zur Geliebten" ebenso erstaunlich-schöne wie empörend-schreckliche Belege zutage. Wie dem auch sei - was die Herren in den roten Bischofsgewändern an atemberaubend Schönem und Prunkvollem der Nachwelt hinterlassen haben, darf man in Salzburg mehr als bewundern. Oder anders: Was wäre Salzburg ohne seine Fürsterzbischöfe? Gleichwohl sei angemerkt, dass das "gemeine Volk" dem Ende der fürsterzbischöflichen Treibens im Jahre 1803 kaum eine Träne nachweinte - so drakonisch und ungerecht und unmenschlich schwer hatten die hohen Herren ihren Untertanen und Gläubigen das Leben gemacht...

Wer trotzdem oder gerade deshalb neugierig ist, wie Fürsterzbischöfe gelebt haben und wie sie ihr Repräsentationsbedürfnis und ihre Prunksucht umsetzten, dem liefern die beiden Salzburger Residenzen - die Alte und die Neue Residenz, an gegenüberliegenden Seiten des Residenzplatzes gelegen - reiches Anschauungsmaterial. Die Alte Residenz war schon im Mittelalter Bischofssitz. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde sie von Wolf Dietrich von Raitenau frühbarock neu erbaut. Den Trakt gegenüber dem Alten Markt errichtete Markus Sittikus von Hohenems. Die fast nüchtern-bescheiden wirkende Fassade der fürsterzbischöflichen Palastanlage mag ein wenig über Prunk und Pracht in ihrem Innern hinwegtäuschen. Mit 180 zum Teil zu Sälen ausgebauten, atemberaubend pompös dekorierten Räumen und drei Innenhöfen ist die Alte Residenz ein herausragendes Beispiel für ein repräsentatives Regierungszentrum aus vormaligen Zeiten. Warum dann aber eine zweite Residenz? Nun ja, auch Fürsterzbischöfe hatten Familie, Freunde und Gäste, die untergebracht werden wollten und mussten. Da wird dem bauwütigen Wolf Dietrich von Raitenau 1588 die Idee eines palazzo nuovo  gerade recht gewesen sein. Eher schreiendes Unrecht allerdings fügte er etlichen Bürgern und Domherren zu, deren Häuser und einiges mehr er kurzerhand demolieren und abtragen ließ, um Platz für seine hochfliegenden Pläne zu gewinnen. Es tröstet wenig, dass das schmucke, strahlendweiße Gebäude später ausschließlich öffentlichen Zwecken zu dienen begann, zum Beispiel heute als Standort des berühmt-attraktiven Salzburg Museums. In unmittelbarer Nähe eine weitere Attraktion: der Turm der Neuen Residenz  mit seinen seit 1702  35 Glocken, die etwa 40 verschiedene Musikstücke intonieren können - das Salzburger Glockenspiel.

Nur wenige Meter vom Residenz- zum Mozartplatz mit seinem Mozartdenkmal. Fiaker allenthalben, ruhende Kutscher und ruhende Pferde: eine angenehm rastvolle, eine wahrhaft traumhafte Atmosphäre! Ein Blick noch in die verwinkelte Kaigasse. Die länger werdenden Schatten verkünden: Der Tag geht unaufhaltsam zur Neige. Zurück, diesmal über den Mozartsteg, wieder ohne Autoverkehr, zurück über die Salzach zur Neustadt, von der wir nun endgültig wissen, dass auch sie eher Altstadt ist. Zum letzten Mal dann Mirabell - eine Abschiedsvorstellung! Wir lassen Zeit. Uns fällt Georg Trakl (1887-1914) ein, jener Salzburger Apotheker mit dem traurig-schwermütig-depressiven Herzen, der uns eine Fülle überwältigender expressionistischer Gedichte hinterließ, wohl mit die schönsten und intensivsten, welche die deutsche Sprache zu bieten hat. Eines von ihnen - "An Mauern hin" - hat Sie, lieber Leser, durch alle vier Folgen dieser Reportage begleitet, als handschriftliches Dokument, das sich sozusagen im Hintergrund hielt. Schauen Sie mal!

Und dann rollt der Zug zurück nach Traunstein.

Oben: Der Salzburger Dom mit davorliegendem Kapitelplatz, wie er sich vom Stiegl-Biergarten aus darbietet. Ins Auge fallend die goldene "Sphaera" des 1957 geborenen deutschen Künstlers Stephan Balkenhol. Ganz im Hintergrund, zwischen Türmen und Kuppel des Doms sichtbar, das Kapuzinerkloster am Kapuzinerberg, dem Stadtberg der Salzburger.

Rechts: Die 2007 im Rahmen eines Kunstprojekts enstandene goldene "Sphaera" vor der südlichen Fassade des Salzburger Doms mit der farbig bemalten Bronzefigur eines Mannes in für Balkenhols Skulpturen typischer Bekleidung.

Oben links: Die zur Erzabtei St. Peter gehörende Stiftskirche gleichen Namens, ursprünglich als hochromanischer Bau 1147 geweiht und vielfach umgestaltet. Das Erzstift, im Jahre 696 als Missionskloster gegründet, gilt als das älteste Kloster im deutschen Sprachraum.

Oben rechts: Die Türme des Salzburger Doms, vom Residenzplatz aus gesehen. Uhren und zwei der Glocken stammen aus dem Jahr 1628. Eine der neuen Glocken, die 1961 gegossene Salvatorglocke, ist mit einem Durchmesser von 2,79 Metern und einem Gewicht von 14.256 Kilogramm die zweitgrößte Glocke Österreichs.

Unten: Altehrwürdiges trifft moderne Lebensfreude. Immer gegen Ende September dominiert der Rupertikirtag mit seinen Marktständen, Buden und Fahrgeschäften eine Woche lang Salzburger Plätze, wie hier den Residenzplatz mit Dom und Alter Residenz. In der Mitte der zwischen 1656 bis 1661 geschaffene Residenzbrunnen, der an Berninis etwa zwanzig  Jahre früher entstandene Fontana del Tritone in Rom erinnert: In Salzburg preschen vier wasserspeiende Pferde aus einem zentralen Felsgewirr hervor. Darüber drei Atlanten, die eine Schale mit drei Delfinen tragen. Diese wiederum stemmen eine Muschelschale mit knieendem Triton darauf, aus dessen hochgehaltener Schneckenschale Wasser speit.

Links:  Von den Eingangsarkaden des Doms, der "Bühne" des "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal, her gesehen: der Domplatz mit dem Standbild der Maria Immaculata von 1766-71. Dahinter der Durchgang zur Kapuzinergasse; ganz im Hintergrund die Franziskanerkirche.

Oben: Rupertikirtag auf dem Residenzplatz vor der Neuen Residenz. Rechts im Bild der Residenzbrunnen.

Oben: Noch einmal der Residenzplatz mit Neuer Residenz und Residenzbrunnen. Links im Bild hinter dem Riesenrad schaut die 1767-76 erbaute barocke Michaeliskirche hervor.

Rechts: Aus den Seitenarkaden des Doms erreicht der Blick über den Residenzbrunnen hinweg den Kapuzinerberg auf der anderen Seite der Salzach.

Oben links: Der Mozartplatz. Nord- und Westfassade der Neuen Residenz, die das Salzburg Museum beherbergt. Rechts im Bild ein Teil der Dom-Apsis.

Oben rechts: Der Mozartplatz mit Mozartdenkmal und Fiaker-Standplatz.

Unten: Blick vom Mozartplatz in die Kaigasse, die aus mehreren mittelalterlichen Gassen zusammengewachsen ist. Rechts im Foto die Ostfassade der Neuen Residenz. Über allem thront, scheinbar zum Greifen nahe, die Festung Hohensalzburg.

Oben: Zur Neustadt zurück geleitet uns der 1903 feierlich eingeweihte jugendstilige Mozartsteg. Wundert es uns heutzutage, dass er bis zum Jahre 1920 mautpflichtig war? Hätte es Mozart gewundert?

Unten links: Vom Mozartsteg aus der Blick über den Giselakai der Neustadt zum Kapuzinerberg und zum Gaisberg mit dem ihn kennzeichnenden Sendemast des ORF.

Unten rechts: Mit einem Anflug von Wehmut schauen wir zurück auf die Salzburger Altstadt. Nicht ein letztes Mal...

Gäbe es die Salzach nicht - man müsste sie für Salzburg wohl erfinden!

Oben links: Noch einmal die Silhouette der Altstadt: mit Neuer Residenz, dem Dom und der Festung Hohensalzburg.

Oben rechts: Blick über den Fluss auf den Rudolfskai. In der Ferne die Staatsbrücke.

     Unten: Ein geradezu mediterranes Flair vermitteln die Fassaden der Häuser am Rudolfskai.

Impressionen aus der Salzburger Neustadt

Links: Abendstimmung ergreift das Große Parterre des Mirabellgartens. Im Hintergrund der Südflügel des Mirabellschlosses. 

Abschied von Mirabell - Abschied von Salzburg - Abschied von einem unvergesslichen Tag im Herbst!

Georg Trakls "Musik im Mirabell" scheint allgegenwärtig zu sein; eindringlicher hätte man die abendliche Stimmung, die diesen wunderschönen Garten durchwebt, nicht "verdichten" können...

Servus Salzburg, wir kommen wieder!

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Fotografien, wenn an dieser Stelle nicht anders verlautet: Hans-Dieter Teichmann

Für ihre wertvolle Hilfe bei meinen Recherchen danke ich folgenden Webseiten:

stadt-salzburg.at/

www.salzburg.com

www.salzburg-rundgang.at

www.salzburg.info/de

www.visit-salzburg.net

https://de.wikipedia.org/wiki/Salzburg

https://stadt-salzburg.at/internet/bildung_kultur/altstadt_und_tourismus

www.hohensalzburg.com

www.salzburger-dom.at

und:

Renate Möller, ADAC Reiseführer Salzburg

Bildquellen:

Bildnis Salome Alt und Gartenplan von Franz Anton Danreiter:  WIKIPEDIA

Bildnis Hans Makart: WIKIMEDIA

Faksimile "An Mauern hin" von Georg Trakl: WIKIMEDIA

Gedicht "Musik im Mirabell" von Georg Trakl:  www.textlog.de/17481.html

 

 

 Initially published: 2017
Last revision: 16th April 2017
©2005-2017 by Hans-Dieter Teichmann

Impressum/Editor's Note